Freitag, 27. Juni 2008

Glosse zur EM


Männer sind so weich


Mein geliebter Held,

gern hätte ich dich für mich allein, du anmutiger Adonis.
Ich muss dich aber mit Millionen anderen Bewunderern und deiner Mannschaft teilen.


Das Stadion ist deine Wettkampfstätte.
Trotz deiner gestählten Muskulatur ist das Beinspiel tänzerisch leicht und elegant.
Du kennst im Rudel keine Gnade für den Gegner und im Rudel sehe ich dich am liebsten- wild, entschlossen, kämpferisch. Du kämpfst im Kader bis aufs Blut, manchmal prallen sogar Schädel aneinander, doch du
läufst weiter, um den Gegner zu besiegen. Du kämpfst wie ein Mann.

Doch zeigst du eine neue Seite, wenn dich die Freude über den Teil-oder Endsieg übermannt. Emotionen, die man sonst nur Frauen zugesteht, bemächtigen sich deiner. Du und deine Mitstreiter werft euch im Übersprung auf den Boden, liegt euch in den Armen, lasst den Tränen freien Lauf.Selbst das Küssen ist euch nicht fremd. Homoerotik nennen es manche sogar. Die weiblichen Lustobjekte stehen weit entfernt, am Rande des grünen Schlachtfeldes.

Zu weit weg um mit euch Männern die Freude zu teilen, „Mann“ kann diese Freude nur mit seinen engsten Männerfreunden auf dem Platz teilen. Die Frau des Helden muss sich mit der Restfreude nach dem Kampf zufrieden geben.

Auch wenn es eine Niederlage zu verschmerzen gilt, sucht der niedergeschlagene Kämpfer Trost bei seinen Kameraden.
Nur sie können mit ihm fühlen und ihn verstehen, was es bedeutet das Feld als Verlierer zu räumen. Männer können so weich sein, bis der Kampf aufs Neue beginnt und es wieder heißt; der Ball ist rund und ein Spiel dauert neunzig Minuten.